Aufgrund diverser Leserwünsche befassen wir uns heute mit dem Heilkraut Kanna (Sceletium tortuosum). Neben einem Überblick über botanische Eigenschaften, Herkunft und Aussehen, wollen wir vor allem auf die verschiedenen Wirkungen der Pflanze eingehen.
Kanna ist weltweit insbesondere als legales Rausch- bzw. Genussmittel bekannt. Die Menschen im Herkunftsland der Pflanze wissen diese aber auch für Heilzwecke und besondere Rituale zu nutzen.
Der Konsum von Kougoed kann auf mannigfaltige Art & Weise geschehen. Verwendet wird dabei die komplette Pflanze.
Botanische Eigenschaften und Erkennungsmerkmale
Diese Heilfplanze ist der Familie der Aizoaceae, also den Eisenkrautgewächsen (Synonym: Mittagsblumengewächsen, zuzuordnen.
Es handelt sich um eine sehr krautige Pflanze mit kräftigen Ästen, die eine Wuchshöhe bis zu 30 cm erreichen kann. In den meisten Fällen wächst diese, an eine Blattsukkulente erinnernde Pflanze, kriechend in Bodennähe, neigt aber in seltenen Fällen dazu in luftige Höhen zu klettern.
Die Wurzeln sowie der glatte Stamm der Pflanze sind sehr fleischig.
Blätter
Sceletium tortuosum hat fleischige, spitz-zulaufende Blätter. Die dreieckige Form der kleinen Blätter lässt das Kraut auf den ersten Blick „stachelig“ wirken, was jedoch nicht den Tatsachen entspricht.
Die grünen Blätter können bis zu 4 Zentimetern lang und 1,5 cm breit werden. Die am Ende liegenden Spitzen sind leicht nach innen gebogen.
Auch die Anordnung der Blätter ist ein gutes Bestimmungsmerkmal. Diese sind wie übereinanderliegende Schieferplatten angeordnet. Das Blattgrün wächst ohne Stiel direkt an den sich stark ausbreitenden Ästen.
Blüte
Eine wirklich schöne Blüte ziert diese Pflanze in ihrer Hauptblütezeit zwischen Juli und September. Die Blütenfarbe ist dabei überwiegend weiß bis blass gelb, kommt aber auch in leicht rosa- bzw. lachsfarbenen Variationen vor.
Die Blüte besteht aus 5, manchmal 4, Kronenblätter, die einen maximalen Durchmesser von bis zu 3 cm erreichen können. Die Blütennarben enden nach circa 2 Millimetern.
Früchte
Über die Früchte der Pflanze gibt es nichts Außergewöhnliches zu berichten. Es handelt sich um eckige bis zu 1,5 cm lange Kapselfrüchte, die in ihren fünf Kammern kleine braune Samen enthalten.
Herkunft und Verbreitung von Kanna
Das Ursprungsland der Sceletium tortuosum ist Südafrika. Hier im sogenannten Kannaland, kommt dieses Kraut vor. Leider wird Kanna in ihrem Herkunftsland immer seltener. Die Pflanze sammeln ist nicht mehr ohne Weiteres möglich.
Wirkung und Anwendungsbereiche
Die wichtigsten Effekten von kleinen Dosierungen der Heilpflanze sind, Berichten von Einheimischen zufolge, antidepressiv, antipsychotisch, angstlösend, sowie die Steigerung von bestimmten Gehirnfunktionen.
Des Weiteren wird beschrieben, dass die Einnahme von Kanna neuroprotektive Wirkungen zeigt. (Schutz von Nervenzellen und Nervenfasern)
Angstfreiheit, Steigerung des Selbstbewusstseins, Verminderung von Minderwertigkeitskomplexen und Hemmungen sind weitere Effekte, die überwiegend von südafrikanischen Konsumenten berichtet werden.
Steigert man die Dosierung von Kanna, so kann es besonders, in Verbindung mit Alkohol oder Cannabis zu leichten Visionen kommen.
Berichten zufolge kann der Konsum der Pflanze zu Euphorie sowie intensiver meditativer Ruhe führen. Außerdem sind Hautsensibilität bei Berührung und gesteigerte sexuelle Erregung eine mögliche Konsumfolge.
Medizinische Wirkung
Medizinische Anwendung findet das Kraut überwiegend im Ursprungsland. Besonders die Einheimischen nutzen Kanna, um den Hunger zu unterdrücken. Außerdem wird ein Tee aus den Blättern dieser Heilpflanze als Schmerzmittel genutzt.
Nebenwirkungen
Nebenwirkungen, die mit dem stetigen Konsum von Kanna einhergehen (Langzeitnebenwirkungen), sind nicht bekannt. Natürlich bedeutet dies nicht, dass es keinerlei Nebenwirkungen geben kann.
Bei zu hohen Dosierungen, wurden vermehrt die folgenden Symptome festgestellt: leichte Kopfschmerzen, Übelkeit, Magen-& Darmbeschwerden sowie Gleichgewichtsstörungen. Die beschriebenen Nebenwirkungen treten meist zeitnah nach dem Konsum auf.
Zubereitung und Portionierung
Um leichte Effekte durch den Konsum der Pflanze zu erfahren, kann man sich einen Tee aus den Blättern der Pflanze aufgießen. Ebenso lassen sich die getrockneten Blätter rauchen, was bei richtiger Dosierung zu einer sanften Gelassenheit führen kann.
Psychoaktive Effekte können nur durch den Konsum von Kougoed erreicht werden. Bei Kougoed handelt es sich um eine weiterverarbeitete, fermentierte Version von Kanna. Hier gibt es zwei klassische Herstellungsverfahren.
Herstellungsmethode 1
- Sammeln des Pflanzenmaterials, idealerweise im Oktober, da die Pflanze zu dieser Zeit am kräftigsten ist.
- Nach dem Sammeln wird die Pflanze mittels geeigneten Werkzeugen zerquetscht und in ein Gefäß gelegt.
- Das Gefäß wird nun luftdicht verschlossen, damit die Fermentierung einsetzen kann. Ursprünglich wurden Tierschläuche, Hanftaschen oder andere natürliche Gefäße genutzt. Heutzutage werden überwiegend Plastiktüten eingesetzt.
- Das Gefäß mit dem Pflanzenmaterial wird nun tagsüber an die Sonne gelegt, damit das Kraut seine Säfte ausschwitzen kann. In der Nacht kühlt sich das Ganze dann wieder ab.
- Nach dem 3. Tag wird das Gefäß geöffnet und die Mischung umgerührt. Danach wiederholt sich die Prozedur bis circa 8 Tage vergangen sind.
- Ist der achte Tage erreicht, kann die Mischung aus dem Gefäß genommen werden und der Trockenvorgang eingeleitet werden. Typischerweise wird das Ganze an der Sonne getrocknet.
- Ist das Zeug trocken, wird es in den meisten Fällen zerkleinert und pulverisiert. Jetzt kann es konsumiert werden.
Herstellungsmethode 2
Diese Methode, ist für besonders eilige Menschen geeignet. Dabei muss die frische Pflanze durch Hitzeeinwirkung getrocknet werden. Die Zubereitung ist sehr einfach:
- Frisches Pflanzenmaterial auf glühender Holzkohle rösten bis es komplett trocken ist
- Zerkleinern, pulverisieren
- Konsumfertig
Eine abgewandelte Form davon läuft wie folgt:
- Auf sandigem Boden ein möglichst heißen Feuer entfachen, so dass der Sand möglichst viel Temperatur aufnehmen kann.
- Wenn das Feuer heruntergebrannt ist, kann ein kleines Loch vorbereitet werden, in welches das Pflanzenmaterial gegeben wird.
- Das Loch wird nun mit dem heißen Sand zugedeckt und für ca. eine Stunde in Ruhe gelassen.
- Auf diese Weise wird das Pflanzenmaterial ausgebacken und kann nach der Prozedur entnommen und genutzt werden.
Dosierung
Bereits 2g Kanna-Pulver können nach 20-30 Minuten eine intensive Gelassenheit bewirken. Um angstlösende Effekte auszulösen, sind ca. 5g des Pulvers eine beschriebene Dosis. Eine höhere Dosierung kann Euphorie und in Kombination mit Alkohol auch Visionen zur Folge haben.
Was ist drin in diesem Kraut?
Natürlich interessiert es uns brennend, was für chemische Zaubersubstanzen diese Pflanze für uns bereithält. In den eckigen Blättern und fleischigen Stängeln dieser Heilpflanze, sind 0,3% bis 0,86% des Alkaloids Mesembrin enthalten.
Weiterhin sind Oxalsäure (Blätter), Mesembrinin und Tortuosamin enthalten. Es besteht die Möglichkeit, dass Kanna auch Tryptamine enthält, da diese in einer zur selben Familie gehörenden Pflanze nachgewiesen wurde.
- Mesembrin
- Mesembrinin, Tortuosamin
- unter Umständen: Tryptamine
Konsumarten
Kougoed kann auf die verschiedensten Weisen konsumiert werden. Je nach Alkaloidgehalt einer bestimmten Zubereitung des Krauts variieren auch die Dosierungen leicht.
Kauen
Unter den Einheimischen sehr beliebt ist das Kauen von Kougoed, also der orale Konsum. Um das fermentierte Kraut oral aufzunehmen, gibt es zwei beliebte Vorgehensweisen:
- 1 – 2g des Pulvers mit einem Kaugummi zusammen kauen.
- 2g Kougoed zusammen mit Alkohol aufnehmen und für ca. 10 Minuten nicht ausspucken oder herunterschlucken.
Rauchen
Geraucht wird das Zeug klassischer Weise nur dann, wenn es zu Mischkonsum kommen soll. Das Kraut kann den Wirkungsgrad von Cannabis stark steigern. Konsumenten berichten von Visionen und akustischen Halluzinationen.
Ebenfalls im Mischkonsum mit Alkohol können gesteigerte Effekte beobachtet werden. Die Dosierungen bewegen sich dabei um die 150 mg des fermentierten Pflanzenmaterials.
Kanna Tee
Damit ein Kanna Tee seine Wirkung entfalten kann, sind Mengen von 500 mg – 2 g notwendig. Wie bei allen Tees, die wir aus Kräutern oder Heilpflanzen zubereiten können, können wir kreativ werden. Also mischt Kanna ruhig mit anderen Kräutern.
Die Zubereitung eines Tees ist dabei sehr einfach:
- Tee aufbrühen und ziehen lassen. Was für ein Tee Ihr dafürnehmt, ist dabei egal. Nimmt, was Euch schmeckt.
- Tee in eine Tasse einfüllen und einen Teelöffel Kougoed beigeben. Gut umrühren!
- Optional: Um ggf. auftretende Magenbeschwerden zu unterbinden, ist es empfehlenswert ein Stück Ingwer mit in den Tee zu geben.
- Bei stetigem umrühren, den Tee noch weitere 5 Minuten ziehen lassen.
- Vor dem Genießen, ein TL Honig oder einen anderen Süßstoff beimengen
Die Wirkdauer kann stark variieren und liegt zwischen 1 und 2 Stunden. Diese Zeit ist von Euphorie und stimmungsaufhellenden Gedanken geprägt. Insbesondere in der dunklen Jahreszeit kann dieser Tee sehr hilfreich sein.
Ab durch die Nase – Schnupfen
Eine durchaus effektive Konsumart ist das Schnupfen des Krauts. Dazu am besten geeignet sind sehr fein zerkleinerte Extrakte der Pflanze. Eine übliche Dosierung für diese Konsumart beträgt ca. 50 – 100 mg.
Die Effekte treten hier sehr schnell und intensiver ein und halten für ca. 45-60 Minuten an. Sie sind geprägt von starker Euphorie und anhaltendem Bewegungsdrang.
Historisches
Während des frühen 17. Jahrhunderts berichteten Missionare und Abenteurer, die im südlichen Afrika unterwegs waren, von den Khoikhoi. Die KhoiKhoi sind ein indigenes Volk Südafrikas, dass überwiegend von Viehzucht lebte. Von den Europäern wurden sie oftmals als „Hottentotten“ bezeichnet.
Die KhoiKhoi rauchten, schnupften und kauten eine berauschende Substanz, die vor Ort als Kanna bekannt war. Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits erste Spekulationen, dass es sich bei dem „Tabak“, der von den Hottentotten als Kanna bezeichnet wurde, um Sceletium tortuosum handelte. Doch es blieb bei Spekulationen, da sich sämtliche Berichte zu dieser Zeit nur um die Nutzung von Kanna drehten und nicht um die botanische Herkunft.
Erst zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden erst Klassifierzungsversuche angestellt. So Kanna wurde zum ersten Mal einer möglichen Pflanzenart zugeordnet. Die Vermutung zu diesem Zeitpunkt war es, dass Kanna der Pflanzengattung Mesembryanthemum zuzuordnen ist.
In den frühen 1990s war es dann endlich soweit, Kanna wurde als Sceletium tortuosum identifizeirt.
Namensgebung und Synonyme
Woher der Name genau stammt, kann nicht eindeutig geklärt werden. Fakt ist, dass die Pflanze aus einer Region stammt, die Kannaland heißt.
Kanna ist weiterhin unter den folgenden Synonymen bekannt:
- Kougoed: es heißt, dass diese Bezeichnung von den Niederländern stammt, die Kanna als „kauwgoed“ bezeichneten. Übersetzt bedeutet dies „Kau gut“ oder „gut zu kauen“
- Kanna Wurzel
- Canna
- Fig-marigold
Sicherer Umgang mit besonderen Pflanzen
Egal, wie gut man vorbereitet ist…egal, wie sehr man von sich überzeugt ist, Konsum ohne Risiko gibt es nicht. Wer sich dennoch daran versucht, sollte sich grundsätzlich mit den Regeln des Safer – Use vertraut machen.
Gerade wenn man zum ersten Mal mit natürlichen Genussmitteln in Kontakt kommt, sollte man dafür sorgen, keinen Mischkonsum zu betreiben. Die Wirkungen durch einen Mischkonsum sind nicht vorhersehbar!